Digitalisierung: was kommt danach?

Habe heute mal ein Heft gekauft am Kiosk: t3n Magazin Nr. 54 mit dem Schwerpunktthema: “Was kommt nach der Digitalisierung?” Ich nutze nun diesen Blog als mein digitales Notizbuch für Eindrücke und Zitate aus dem Heft. So finde ich diese später wieder und kann den einen oder anderen Gedanken weiter vertiefen.

Postdigital

Lea Weitekamp und Luca Caracciolo beschreiben im Heft, was sie mit “Postdigital” meinen:

Es geht nicht um eine Überwindung des Digitalen, um zum ursprünglichen Zustand, dem Analogen, zurückzukehren. […] Es wird einen Punkt geben, an dem wir die Digitalisierung nicht mehr als vordringliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderung wahrnehmen.

Es geht darum, dass das Thema “Digitalisierung” irgendwann aufhört, interessant zu sein. Es rückt in den Hintergrund. Nicholas Negroponte (Digital-Guru vom MIT) sagte schon 1998:

Wie die Luft und das Wassertrinken wird Digitales nur durch seine Ab- und nicht Anwesenheit bemerkt werden. Computer werden ein umfassender, wenn auch unsichtbarer, Teil unseres Alltags sein.

Der Artikel erwähnt dafür das Beispiel des Smartphones, das inzwischen den Glanz des Neuen verloren hat und zu einer Art zweiten menschlichen Natur geworden ist. Die Technologie selbst rückt in den Hintergrund.

Dazu fällt mir ein anderer Artikel ein, den ich kürzlich gelesen habe: PostDigital - Trends nach und neben der digitalen Transformation von Joël Luc Cachelin. Er diskutiert, welche Trends sich entwickeln, wenn die digitalen Errungenschaften “selbstverständlich und unspektakulär” geworden sind. Lesenswert.

Digitales ist längst da, aber noch nicht gleichmässig verteilt

Im nächsten Artikel schreibt Jürgen Geuther:

Die Digitalisierung ist konzeptionell abgeschlossen.

Und dann weiter:

Die Digitalisierung ist längst da, sie ist nur noch nicht gleichmässig verteilt.

Er thematisiert die Herausforderung, die immer stärker wird, dafür zu sorgen, dass alle Menschen einen fairen Anteil haben an der neuen, digitalen Welt.

Wir haben die Welt durch die Digitalisierung maschinenkompatibel gemacht. Jetzt müssen wir Wege finden, in dieser neu strukturierten Welt unsere Menschlichkeit und unsere Existenz als soziale Gemeinschaft neu zu denken.

Welche Berufe werden wir ausüben?

Dann lass ich einige Artikel aus, die mich weniger Interessieren. Beim Text von Marion Weissenberger-Eibl bleibe ich wieder hängen (hier gibts ihren Artikel als PDF).

Sie ist überzeugt, dass wir als Mensch auch in Zukunft in der Arbeitswelt einen Platz haben. Aber es werden Berufe verschwinden und neue entstehen. Tendenziell sieht sie, dass unsere Tätigkeiten vorwiegend fachübergreifend sein werden mit einer Kombination aus Hightech und Menschlichkeit.

Psychosoziale Kompetenzen [werden] in der Arbeitswelt noch gefragter - das sind zum Beispiel Empathie und interpersonelle Intelligenz. Und auch in Zukunft wird Fortschritt nur durch kreative Ideen ermöglicht.

Die gute Nachricht für Entrepreneure:

Es wird genügend komplexe Problemstellungen geben, die wir lösen müssen und für die wir immer wieder neue digitale Innovationen benötigen - denn eine Welt ohne Probleme und gesellschaftliche Herausforderungen gab es noch nie und wird es auch nie geben.

Der Irrtum des Silicon Valley

Im Artikel “Wo ist die Zukunft hin?” kritisiert Jan Vollmer die Machbarkeitsfantasien des Silicon Valley. Er zitiert den Zukunftsforscher Gerd de Haan mit folgenden Worten:

Man macht die Rechnung [im Silicon Valley] oft ohne den Menschen. Da ist zu wenig bedacht, dass das Interesse an Eigenständigkeit, Eigentätigkeit und Eigenwilligkeit stark verankert ist.

Er führt dann weiter aus:

Bei Zukunft geht es weniger darum, was technisch möglich ist, als darum, was Menschen langfristig gut finden. Technisch gesehen kann man immer mehr Kommunikation und Interaktion über das Internet abwickeln. Ob wir das wirklich wollen, ist aber eine andere Frage.

Das ist nun halt das Problem, dass das menschliche Verhalten schwierig ist, vorher zu sagen. Er sagt, wie Nassim Nicholas Taleb in seinem bekannten Buch “der schwarze Schwan”, dass wir sowieso in unseren Zukunftsprognosen die Unberechenbarkeit von zufälligen Ereignissen unterschätzen. So bleibt die Empfehlung, dass wir uns am besten schon darauf vorbereiten, dass Unerwartetes passiert. Das gilt auch besonders für Unternehmen.

Bedingungsloses Grundeinkommen - eine hohle Utopie?

In einem nächsten Artikel schreibt Luca Caracciolo, warum das bedingungslose Grundeinkommen eine hohle Utopie ist.

Obwohl ich selber eine gewisse Sympathie habe zur Idee des Grundeinkommens, bin ich mit dem Autor einig:

[Das bedingungslose Grundeinkommen] vereinfacht gesellschaftliche Komplexität auf eine rein ökonomische Perspektive. […] es verkennt als Idee die enormen Vorteile klassischer Erwerbsarbeit.

Dann fährt er fort zu erklären, wie wichtig es ist, dass Leute Teil haben an einer gesamtgesellschaftlichen Produktivität:

Der Verlust einer Aufgabe, die zum Gemeinwesen beiträgt, kann wirkmächtiger sein als öknomische Knappheit.

Der Punkt ist, dass es neben öknomischem Kapital auch kulturelles und soziales Kapital gibt. So haben Leute, unabhängig von ihrer finanziellen Lage, ganz unterschiedliche Möglichkeiten, am sozialen Leben Teil zu nehmen und in der Gesellschaft etwas zu bewirken. Für viele Menschen ist Erwerbsarbeit oftmals der einzige Zugang.

Es gibt kaum ein integrierenderes Element für Menschen als die Arbeit fürs Gemeinwesen.

Wenn das nicht mehr da ist, so gäbe es eine latente Bedrohung des “Überflüssigseins”.

Fazit

Ein paar spannende Impulse, denen man durchaus vertiefter nachgehen kann. Allerdings hat das Magazin mir jetzt nicht so viel Neues gezeigt. Aber es gab mir eine Sammlung von Zitaten, die ich vielleicht mal verwenden kann.


Quellen: Zitate und Zusammenfassungen aus t3n Magazin, Nr. 54, 1. Quartal 2019, Foto Titelbild selbst gemacht